Wednesday, 3 October 2007

Die Antwort auf Nespresso?

[© Foto: MP-J 2004 – Colombia: Guaduas (dt.: Bambus) in der Nähe des Hofes La Dulcinea, ca. eine halbe Stunde von Pereira, mitten in der Kaffeeanbauzone]


Guten Tag!

Heute möchte ich die Nachricht über eine wunderbare kleine Kaffeebar verbreiten, von der ich letzten Samstag in meinem Leibblatt gelesen habe. Was das mit Kolumbien zu tun hat? Sehr viel: "La tienda de Juan", im Besitz von Jairo und Isabelle Arango, verkauft Kaffee aus Pereira, der Hauptstadt der wichtigsten Kaffeeanbauregion in Kolumbien.

Vorbeigehen, probieren sehr empfohlen. :) Und hier meine Abschrift der Spalte:


Die Antwort auf Nespresso
Jairo Arango (52) aus Kolumbien führt Berns kleinste Kaffeebar.
[Der Bund, Sa., 29.9.07, "Im Profil" -- Original hat noch eine Foto von Jairo]

«Café Mariscal heisst das Produkt der gleichnamigen Rösterei in Pereira, der Hauptstadt der kolumbianischen Kaffeeregion. Mariscal – eine kleine Firma mit 40-jähriger Tradition – untersteht der Qualitätskontrolle des kolumbianischen Kaffeeverbands Federation [sic] National [sic] de Cafeteros und ermöglicht vielen Kleinbauern den Lebensunterhalt. Ich selbst bin als Bauernsohn in der Region Pereira geboren und aufgewachsen und kenne viele Produzenten persönlich. Mit meinem kleinen Direktimportgeschäft leiste ich einen bescheidenen Beitrag an die Existenz einiger Bauernfamilien. "El alma de mi pueblo" – die Seele meiner Landsleute – liegt hier vakuumverpackt im Laden, das Kilogramm zum fairen Preis von 24 Franken. Ich garantiere persönlich dafür, dass die Einnahmen den Cafeteros zugute kommen. Ein Teil der Finanzen wird in Umweltprojekte, Bildung und Gesundheitswesen investiert.»
«Meine Frau Isabelle und ich gründeten im Mai dieses Jahres die Importfirma Colombia Import GmbH. Meine Frau ist Juristin, ich bin Bauingenieur, kam vor zwei Jahren in die Schweiz und arbeitete zunächst als Pizzaiolo im Quartiertreff Punto. Letzte Woche nun haben wir an der Aarbergergasse 55 in Bern den Take-away-Laden eröffnet. "La Tienda de Juan" ist wohl mit 14 Quadratmetern die kleinste Kaffeebar in der Stadt Bern. Die Ecke diente vorher als Schaufenster. Ich habe meine Ersparnisse in den Umbau und die Einrichtung des Lokals investiert. Ohne die Mithilfe des Inhabers des Nachbarlokals La Cavaña, der die Mitbenützung der Toiletten im Haus erlaubt, hätte ich die Kaffeebar nicht eröffnen dürfen. Unsere Kaffeemaschine ist ein Auslaufmodell: Sie hatte in einem andern Restaurationsbetrieb keine Verwendung mehr, weil die tägliche manuelle Reinigung eine halbe Stunde erfordert. So viel Zeit investiert heute niemand mehr fürs Putzen. Doch mir macht die Arbeit nichts aus. Unser Geschäft ist täglich ab 6.30 Uhr geöffnet, an Samstagen ab 9 Uhr. Meine Präsenzzeit ist enorm. Wir verkaufen auch frischen Orangensaft und Pandebono-Brötchen, die wir nach eigenem Rezept aus Spezialmehl und Käse backen.»
«Die Havelaar-Stiftung unterstützt ebenfalls Cafeteros in Kolumbien. Und auch Nespresso bezieht Kaffeebohnen aus Pereira. Ich wollte ein eigenes Projekt aufbauen und tat es mit viel Herzblut, denn ich kenne die schwierigen Lebensbedingungen der Produzenten in meiner Heimat. Im Vergleich zum Elefanten Nestlé bin ich eine Mücke. Die grossen Multis kaufen die Rohstoffe günstig ein und lassen sie in den USA veredeln. Die Bevölkerung Kolumbiens besteht aus 200 indigenen Völkern, die Mehrheit lebt in Armut. Drogenmafia, Korruption und Paramilitarismus haben das Land ruiniert. Nun gibt es Anzeichen, dass es aufwärts geht.»
Gespräch: Daniel Vonlanthen


Dazu gibt es gleich zwei Anmerkungen:
1. von S.J., z.Zt. beim UNHCR in Bogotá:
In Kolumbien gibt es 94 indigene Ethnien (was natürlich auch viel ist), und das Land ist ganz klar auch durch die Guerrilla und nicht nur durch die genannten Faktoren ruiniert worden...

2. mein eigener Kommentar, nach meinem heutigen Besuch:
Sehr guter Kaffee, sehr netter Service, hübsches Lokal, absolut zentral gelegen. Einziger Wermutstropfen: take-away heisst viel Abfall, denn der Kaffee wird in kleinen Plastictassen oder Kartonbechern ausgeschenkt. Ich hoffe, Jairo findet noch eine bessere Lösung.

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Und zum Schluss noch ein kleines Souvenir von meiner Kolumbien-Reise 2004 -- die Stadtblume von Bogotá, Odontoglossum luteopurpureum, eine wunderschöne Orchidee:

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