Friday 28 September 2007

Agrotreibstoffe kriegen Gegenwind: China stoppt Projekte für Biosprit

Guten Tag

Schon wieder gucke ich über die Grenzen Kolumbiens hinaus. Inzwischen wissen es immer mehr: Die Tage für unseren energieverschwenderischen Lebensstil sind wohl gezählt.
Erst vor ca. zwei Jahren machte die gute Kunde die Runde, dass dank Mais, Soja, Palmöl oder Kartoffeln die Energieknappheit ein Ende haben könne. Heute wissen wir, dass für Ölpalmen Urwald gerodet und Menschen vertrieben werden; der Anbau von Soja im grossen Stil ruiniert in Südamerika (Brasilien, Paraguay, ...) Hunderte von Quadratkilometern kleinräumiger Landwirtschaft, und die Bauernfamilien finden kein Auskommen mehr; Kartoffeln in Energie umzuwandeln ist laut EMPA-Studie (2007) energie- und umweltmässig so ungefähr das Dümmste, was man tun kann; und der Maispreis ist wegen der forcierten Umwandlung von Mais in Sprit für die extremen 4x4-Karren in den USA so hoch, dass sich die einfachen Menschen in Zentralamerika und Mexico die tägliche Tortilla kaum noch leisten können.
Deshalb ist die Nachricht im folgenden Zeitungsartikel aus den Oberösterreichischen Nachrichten, den ich via
http://www.regenwald.org erhalten habe, lesenswert.
Noch etwas: Warum reden alle immer noch von "Biosprit", wenn doch von "bio" im Sinn von Leben, Umweltschutz und Nachhaltigkeit keine Rede sein kann? Viel besser wäre, bei grossflächig produzierten Erzeugnissen wie Palmöl oder Soja von "Agrotreibstoffen" und bei Energie aus Abfällen, Kuhmist oder altem Speiseöl von "Organotreibstoffen" zu reden...
Jetzt aber der Artikel:

China stoppt Projekte für Biosprit

SHANGHAI/WIEN. Die Euphorie, fossile Treibstoffe stärker durch pflanzliche zu ersetzen, bekommt einen deutlichen Dämpfer. Nicht nur die Ökobilanz ist bei etlichen Kraftstoffen umstritten.

Besonders drastisch hat China jetzt reagiert. Angesicht der steigenden Getreidepreise und der Lebensmittelknappheit im Land wird die Herstellung von Biokraftstoff aus Pflanzen massiv eingeschränkt. Bis 2010 sollen keine neuen Projekte zur Gewinnung von Bio-Ethanol aus Getreide mehr genehmigt werden. Noch nicht gestartete Projekte würden gestoppt, ausländische Investitionen in chinesische Bio-Kraftstoff-Anlagen untersagt.

Auch in Österreich ist die Biotreibstoff-Euphorie gedämpft. Greenpeace fordert von Umweltminister Josef Pröll ein Überdenken des Einsatzes des "Treibstoffs vom Acker". Der Plan, den Beimischungsgrad von Biosprit auf zehn Prozent zum Jahr 2010 zu erhöhen, sei der falsche Weg. Bis zur Klärung der negativen Auswirkung von Biosprit sollte die Beimischungsquote von derzeit rund fünf Prozent eingefroren werden.

Die großen Anbauprojekte in Südostasien und Indien werden bei den Umweltschützern mit Skepsis beobachtet. Wie berichtet, errichtet Indien riesige Jatropha-Plantagen, in Südostasien werden Regenwälder durch Palmölplantagen ersetzt.

Biosprit nicht gleich Biosprit

Die Ökobilanz von Biosprit fällt nicht nur laut jüngstem OECD-Bericht zwiespältig aus. Auch eine Studie der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA 2007) kommt zu dem Schluss: "Biosprit ist nicht gleich Biosprit."

So habe etwa Biosprit aus Soja in tropischen Ländern eine Ökobilanz, die um nichts besser sei als jene von schwefelarmem Benzin.

Ethanol aus Roggen oder Kartoffeln weist nach Angabe der Schweizer Forscher von allen untersuchten Biotreibstoffen mit Abstand die schlechteste Ökobilanz aus.

Die Studie kommt zum Schluss, dass es derzeit nur drei Biotreibstoffe, die den Ausstoß von Treibhausgasen - im Vergleich zu Diesel und Benzin - "substanziell reduzieren" können. Es sind das Ethanol aus brasilianischem Zuckerrohr, Ethanol als Nebenprodukt der Cellulosegewinnung, wie sie etwa in der Schweiz und in Schweden erfolgt, sowie die Herstellung von Biodiesel aus tierischen Fetten und Alt-Speiseöl. Bei den anderen Biotreibstoffen drückt der wenig umweltfreundliche Anbau auf die Bilanz.

Beschränkte Chance

Die OECD kommt in ihrer Studie zu den Chancen für Biokraftstoff zu ernüchternden Ergebnissen. Nur wenige Länder hätten das Potenzial, ihre Abhängigkeit von importiertem Erdöl signifikant zu schmälern. Die globale Produktion von Biotreibstoffen deckte 2005 ein Prozent des Spritverbrauchs. Bis 2050 könnten es bis zu elf Prozent sein.

Am meisten werden derzeit Biodiesel (Rapsmethylester) und Ethanol (als Beimischung für die Benzinmotoren) eingesetzt.

(c) Oberösterreichische Nachrichten

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