Guten Tag!
Heute schreibe ich mal selber.
Gestern Abend nahm ich an der 3. Veranstaltung in einer Serie von sechsen teil, in der es um nachhaltiges Wirtschaften, Umweltschutz usw. in Lateinamerika geht. Die Reihe heisst Ökologie und nachhaltige Entwicklung – Ein Wunschtraum für Lateinamerika?
Sie wird von ALAS – Asociación LatinoAmérica-Suiza – unter Mitarbeit von ask! – Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien und mit Unterstützung von zahlreichen NROs organisiert.
Programm: http://www.alasberna.org
Nächste Veranstaltung: Mittwoch, 26.9.07, 19h, Käfigturm Bern (spanisch, mit Simultanübersetzung):
Turismo sostenible en Latinoamérica: ejemplos concretos (Nachhaltiger Tourismus in Lateinamerika: konkrete Beispiele)
mit Dina Bauer, Forum Anders Reisen (Freiburg iBr) und Mark Schmid, Präsident Arbeitskreis Tourismus & Entwicklung (Basel)
Jetzt aber zu gestern Abend:
Zum Thema Explotación de recursos naturales en América Latina (Ausbeutung der natürlichen Bodenschätze in Lateinamerika) hörten wir zwei Präsentationen:
1. sprach Hildegard Willer, Peru-Koordinatorin der bmi – Bethlehem-Mission Immensee, zum Thema Minería de oro y cobre en los Andes peruanos (Gold- und Kupferminen in den peruanischen Anden), fachlich unterstützt vom Geographen (und Nebenfach-Geologen) Jonas Lambrigger und seinen eindrücklichen Posters aus Peru.
2. referierte der extra aus Ecuador angereiste Wissenschaftler (Soziologe, Ökonom, Ingenieur) Carlos Larrea der Universidad Andina Simón Bolivar in Quito zum Thema ¿Conservación o explotación petrolera en el Parque Nacional Yasuní (ITT) / Ecuador? – Un dilema histórico. (Umweltschutz oder Ausbeutung der Erdölvorkommen im Yasuní Nationalpark (ITT) / Ecuador? – Ein historisches Dilemma.
Zum ersten Teil - Hildegard Willer über "Minería de oro y cobre en los Andes peruanos":
Wir hörten, was für ungeheure Umweltschäden Gold-, Silber-, Nickel- und Kupferminen usw. in den Peruanischen Anden anrichten. Für ca. 1 g (ein Gramm) Gold wird ca. 1 t (eine Tonne!) Material ausgehoben und gewaschen. Dabei wird jede Menge Schwefel freigesetzt, der sich im Wasser zu Schwefelsäure verwandelt und u.a. Schwermetalle aus dem Boden und dem Gestein löst. Das wunderbare Gebräu versickert zumeist und kann über Hunderte von Quadratkilometern die schlimmsten Umweltschäden anrichten (Gewässerverschmutzung, Bodenvergiftung, Vergiftung der Menschen durch giftigen Staub usw.). Zudem stellt sich die Frage nach dem Verbrauch von Süsswasser, das gerade in den Anden eher ein knappes Gut ist.
Um die ganze Problematik kümmert sich kaum je mehr als ein armer Bauer oder eine mundtote Gemeinschaft von vorwiegend Indigenen – die "sozialdemokratische" Regierung Perus hört offensichtlich nur auf den Ruf des schnellen Geldes und auf die Stimmen der Geschäftemacher in der Hauptstadt.
Zwar ist Peru eines der wichtigsten Goldländer der Welt, aber ein peruanischer Goldschmied muss Gold aus dem Ausland importieren (der Schweiz, zum Beispiel), wo es raffiniert worden ist, und dann auch die gleiche Menge Gold wieder exportieren, sonst muss er überrissene Goldimport-Steuern bezahlen. Irrsinn! Der ganze Handel ist eng reglementiert und kontrolliert - so richtig nach dem alten kolonialen Muster und dem alten patriarchalen Weltbild, wobei auch Schweizer Firmen massgeblich beteiligt sind.
Erst ganz, ganz langsam beginnen sich die Menschen vor Ort zu wehren, zum Beispiel in der Nähe der Goldmine von Yanacocha. Langsam, langsam werden auch die Minengesellschaften in die Pflicht genommen und investieren nicht nur in die Exploration und Ausbeutung, sondern hie und da auch ins Aufräumen. Doch da liegen noch ganze Berge von Abraum vor der Menschheit, die Landstriche so gross wie die halbe Schweiz verseuchen, z.T. seit Jahrzehnten! Wer das alles bezahlen wird, steht noch in den Sternen.
Hildegard Willer stellte am Schluss auch die Frage in den Raum, wo die Goldströme genau durch ziehen von den Minen bis zur Käuferin und zum Käufer. Hier besteht noch grosser Informationsbedarf, gerade auch in der Schweiz.
Wie angekündigt, referierte im zweiten Teil der extra aus Ecuador angereiste Wissenschaftler Carlos Larrea zum Thema ¿Conservación o explotación petrolera en el Parque Nacional Yasuní (ITT) / Ecuador? – Un dilema histórico.
Carlos Larrea zeigte uns anhand von Satellitenbildern von Mitte 1990er-Jahre und ca. 2005, was für ungeheure Verwüstungen die Erdölförderung im Regenwald des Amazonas hinterlässt. Der Verlust an unberührtem Regenwald und einer noch gar nicht erforschten Biodiversität ist unermesslich. An der Grenze zu Brasilien, im Nordosten des Landes liegt der Yasuní Nationalpark. Etwas südlich davon befindet sich eine grosse Zone unberührten Waldes, in die sich einige Ureinwohner zurück gezogen haben, weil sie sich von unserer "zivilisierten" Welt bedroht fühlten. Es ist ein Irrwitz, in diesem Gebiet die reichlichen Erdölvorkommen auszubeuten.
Doch Ecuador braucht dringend Devisen, gleich wo sie herkommen. Nun gibt es ein hochinteressantes Projekt, Erdölvorkommen in der Grössenordnung von weniger als 1% der gesamten Weltproduktion im Boden zu lassen anstatt im Lauf von ca. 15 Jahren ein Gebiet von 1/4 der Schweiz zu zerstören – für eine Betriebszeit von ca. 15 Jahren, wohlverstanden! Und für eine Ausbeute, die gerade mal 13 Tage des Erdölverbrauchs unserer wunderbaren Welt befriedigt! Stattdessen soll Ecuador Zertifikate ausstellen können, die u.a. auch von Privaten wie Dir und mir gekauft werden könnten und bestätigen, dass für den Gegenwert die Menge eines Fasses (Barrel) Erdöl im Boden bleibt und Sozial- und Umweltprojekte finanziert werden.
Also, wer mich fragt: Ich kann es kaum erwarten, dass solche Zertifikate auf den Markt kommen. Auch bin ich damit nicht allein: Kaum wurde das Projekt publiziert, leistete Spanien eine erste symbolische Zahlung. Auch andere EU-Länder zeigen grosses Interesse.
Zu diesem Thema ist übrigens inzwischen ein interessanter Artikel veröffentlicht worden, im Guardian Weekly vom 28.09.07, S. 43: "International Development – Ecuador asks to leave oil alone "(Ecuador verlangt vom Westen, dass seine Ölreserven unangetastet bleiben sollen)!
Der Guardian-Korrespondent Rory Carroll berichtet aus Lago Agrio, an der Nordostgrenze von Ecuador zu Kolumbien.
Ich könnte und möchte noch viel mehr berichten, aber da ich diesen Blog völlig ohne Entgelt in meiner knapp bemessenen Freizeit unterhalte, muss und will ich jetzt wieder etwas bezahlte Arbeit leisten.
Auf Wiederlesen -- und danke für jegliche Kommentare!
Paz, Friede -- Justicia, Gerechtigkeit -- Respeto, Respekt!
Thursday, 20 September 2007
Ein Blick über die Grenzen: Peru, Ecuador
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3 comments:
Liebe Margret
Vielen Dank für Deinen sehr guten Bericht zum letzten ALAS-Vortragsabend. Ich bin an jenem Tag erst spät abends von einem Kurs zurückgekehrt. Dank Deines Blogs und der Berichterstattung von swissinfo bin ich trotz meiner Abwesenheit sehr gut informiert! Danke!
Liebe Grüsse
Martina Greiter
Aus einem Mail von Jonas L. möchte ich folgende Infos anfügen:
Die Frage nach dem Süsswasserverbrauch in der Mine Yanacocha interessiert mich ebenfalls sehr. Angaben kann ich dazu leider auch keine machen.
Das Unternehmen namens Minera Yanacocha S.R.L.*) konnte oder wollte mir bis jetzt nie Angaben dazu machen. Auch die lokale NGO Grufides hat dazu bis jetzt noch keine Angaben.
Auf jeden Fall verbraucht das Unternehmen viel zu viel Wasser, so dass es neben der Wasserverschmutzung je länger je mehr zu Wasserknappheit kommt.
Der Goldgehalt des herausgebrochenen/abgetragenen Gesteins variiert in der Yanacocha Goldmine zwischen 0,88 und 1,5 g (im besten Fall) pro Tonne. Das ist eine relativ kleine Menge, doch mit dem Lixiviationsverfahren (unter Einsatz von Cyanid) lohnt es sich, in Ländern mit obsoleten Umweltstandards wie z.B. in Peru, diese Mengen abzubauen.
Hier ein Link zu einer Website, wo die Konzentration mit ca. 0.9 g/Tonne angegeben wird:
http://www.infomine.com/minesite/minesite.asp?site=yanacocha
Jonas L.
*) Yana=Negra; Cocha=Laguna (beides Quechua), also "Laguna Negra" oder "Schwarze Lagune". Diese gab es einmal, aber heute sieht man wegen den Bergbauaktivitäten von Minera Yanacocha S.R.L. nichts mehr davon.
Ich habe die Frage nach dem Frischwasserverbrauch auch im Yahoo-Forum gestellt und u.a. folgende Antwort erhalten (da Bergbau (noch) nicht zu meinen Spezialgebieten gehört, lasse ich den Text im originalen Englisch stehen:
(Zitatanfang)
The water used in gold heap leaching is recycled process water. So, the same 1 gallon of water can be used to recover may grams of gold.
However, in gold heap leaching, water balance can be a concern in arid regions with limited water resources. The amount of water that is used to rinse heaps to get the gold out is sometimes less than the amount of water required to do a standard heap detoxification. This amount of water may be a significant concern in places like Peru.
http://www.cyantists.com/publications/tr...
(Zitatende)
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