Thursday 22 November 2007

Agrotreibstoffkampagne lanciert -- Lokalradio RaBe hat berichtet

Meine Lieben

Hier ist mein Transkript eines Radiointerviews mit Stephan Suhner, Fachstellenleiter der ask! – Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien, vom vergangenen Mittwoch Abend -- ich veröffentliche es hier mit Erlaubnis der Beteiligten:

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© Berner Lokalradio Radio RaBe und ask! Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien/MPJ, November 2007:

RaBe Abendinfo, 21. November 2007
zum Nachhören: http://www.rabe.ch/ -> Info

Kampagne gegen Biotreibstoffe lanciert [6:00 – 10:55]
Bericht und Interview: Cheyenne Mackay Loosli, Radiojournalistin RaBe

Biotreibstoffe werden eigentlich als die umweltfreundliche Alternative zu fossilen Treibstoffen, wie z.B. Öl und Benzin, angepriesen. Doch seit Längerem äussern sich auch kritische Stimmen. Biotreibstoffe seien keine wirkliche Alternative, sie verlagern nur das Problem. Heute wurde eine Kampagne gegen Biotreibstoffe gestartet.

[RaBe:] Die Kampagne gegen Agrotreibstoff, auch Biotreibstoff genannt, kommt von der Menschenrechts-Organisation Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien, kurz ask! Es spreche sehr viel dagegen, Biotreibstoffe einzusetzen. Stephan Suhner ist Fachstellenleiter bei der ask; er fasst zusammen:

[RaBe:] Die Kampagne gegen Agrotreibstoff, auch Biotreibstoff genannt, kommt von der Menschenrechts-Organisation Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien, kurz ask! Es spreche sehr viel dagegen, Biotreibstoffe einzusetzen. Stephan Suhner ist Fachstellenleiter bei der ask; er fasst zusammen:

[Suhner:] "Da ist eine fragwürdige Klima- und Umweltbilanz, da sind grosse Probleme mit der Ernährungssouveränität in vielen Gebieten der Welt. Es gibt Probleme mit Menschenrechtsverletzungen, Vertreibungen von Kleinbauern, Übernutzung der Böden, Wasserknappheit – man könnte Dutzende von Argumenten dagegen aufzählen."

[RaBe:] Im Moment werden Biotreibstoffe vor allem aus Nahrungsmitteln hergestellt. Dazu gehören Raps, Zuckerrüben, Soja, Zuckerrohr, Weizen oder Roggen.
[Suhner:] "Oder es sind Produkte, die sonst in der Nahrungskette entzogen werden und zum Teil auch zu Verdrängungen führen, wo dann halt wieder andere Produkte, die auch für die Ernährung gebraucht werden, auch knapper und teurer werden. Es ist so, dass in vielen Fällen die Preise, die für Mais zum Beispiel bezahlt werden, der in die Äthanolproduktion fliesst, höher ist als der Preis, der zum Beispiel auf lokalen Märkten erzielt werden kann und dann dort der Ernährung der Bevölkerung dienen würde. Es gibt eine Konkurrenz, kann man sagen, zwischen Teller und Treibstofftank."

[RaBe:] Speziell in Kolumbien sei es so, dass der Anbau von Biotreibstoffen von der Regierung massiv gefördert werde. das heisst, die Regierung gewährt Vergünstigungen und Kredite und betreibt eine enge Zusammenarbeit mit den USA.
[Suhner:] "Es ist eigentlich für den ländlichen Raum das dominante, oder fast einzige Entwicklungsprojekt, das sie haben. Betroffen sind davon insbesondere Afrokolumbianer und Indigene – Indianerstämme. Ihre Territorien sind bisher relativ der Entwicklung verschlossen geblieben und sollen nun benutzt werden, um im grossen Stile Ölpalmen für die Dieselproduktion anzubauen oder auch Zuckerrohr, Yucca oder Kassava aus Afrika, um Äthanol zu produzieren."

[RaBe:] Laut der ask! fördern die weltweiten Gesetze zu den vorgeschriebenen Anteilen an Biotreibstoffen die negative Entwicklung. Auch die Schweiz leiste da ihren Beitrag:
[Suhner:] "Die Schweiz ist daran, eine Verordnung auszuarbeiten, die das Mineralölsteuergesetz regelt. Im Mineralölsteuergesetz wird die Steuerbefreiung von Agro- oder – wie es im Gesetz steht – Biotreibstoffen geregelt. Wir konnten erreichen, im Verbund mit anderen Entwicklungs- und MR-Organisationen, dass nebst einer Ökoklausel auch eine Sozialklausel ins Gesetz aufgenommen wurde. Das heisst, die Steuerbefreiung kommt nur bei einer positiven ökologischen Gesamtbilanz und wenn soziale Produktionskriterien beachtet werden."
[RaBe:] Nun sei das Problem, dass man nicht wisse, wie das auf Verordnungsebene umgesetzt werde. Es herrscht Ungewissheit:
[Suhner:] "Ein erster Entwurf hat die sozialen Kriterien rausgekippt. Und nun sagt man uns, dass diese sozialen Kriterien aufgenommen worden seien. Wir haben aber keine Ahnung, wie sie aufgenommen wurden, und die Verwaltung ist im Moment nicht bereit, diesen Verordnungsentwurf uns zugänglich zu machen."

[RaBe:] Biotreibstoffe sollen eigentlich die Reduktion von Treibhausgasen unterstützen und Treibstoffe wie Öl ersetzen, deren Vorrat zur Neige geht. Laut der ask und anderen Orgsanisationen schaden die Biotreibstoffe der Umwelt aber auch. Mit wenigen Ausnahmen:
[Suhner:] "Es gibt Agrotreibstoffe, die unter dem Klimaaspekt, sagen wir jetzt die Einsparung von Treibhausgasen, relevant sein können, aber zum Teil andere Umweltauswirkungen haben wie Wasserverschmutzung, Bodenversauerung. Es muss einfach sehr, sehr genau geschaut werden, welche Agrotreibstoffe überhaupt sinnvollerweise eingesetzt werden – wenn überhaupt. Wir sind eigentlich grundsätzlich sehr skeptisch und sind nur bereit, gewisse Treibstoffe zu akzeptieren, wenn sie wirklich strenge Umweltauflagen und vor allem strenge soziale und Menschenrechtskriterien akzeptieren und auch wirklich einhalten."

[RaBe:] Also aus Eurer Sicht sollte man beim Benzin bleiben, zum Beispiel für die Autos.
[Suhner:] "Plakativ gesagt, ist heute das Benzin im Moment die weniger schlimme Alternative. Aber es ist ganz klar, dass wir mit unserem heutigen Energie- und Treibstoffverschleiss nicht weiterfahren können. Es braucht ganz bestimmt ein alternatives Mobilitätskonzept."

[RaBe:] Die Kampagne gegen Agrotreibstoffe von der Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien hat eine Homepage. Mehr Informationen sind zu finden unter www.agrotreibstoffe.ch
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© Berner Lokalradio Radio RaBe und ask! Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien/MPJ, November 2007

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