Wednesday, 12 December 2007

Kolumbien: Entführte als Spielball der Politik – eine Tragödie ohne Ende

ask – Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien: Kolumbien - Monatsbericht Dezember 2007 No. 12 / 2007


Entführte als Spielball der Politik – eine Tragödie ohne Ende

Von Bruno Rütsche

Seit Jahren zieht sich das unmenschliche Seilziehen zwischen der FARC Guerilla und der Regierung um die Freilassung von Entführten im Austausch gegen gefangene Guerilleros hin. Die FARC hält mehrere bekannte Persönlichkeiten – unter ihnen die ehemalige Präsidentschaftskandidatin und kolumbianisch-französische Doppelbürgerin Ingrid Betancourt – aber auch Hunderte weiterer Zivilpersonen und gefangen genommene Militär- und Polizeiangehörige in ihrer Gewalt. Hoffnung keimte auf, als Präsident Uribe im August 2007 die oppositionelle Senatorin Piedad Córdoba und den venezolanischen Präsidenten Chávez ermächtigte, eine Vermittlungsrolle zur Aushandlung eines humanitären Austausches zu übernehmen. Doch Uribe setzte diesen Bemühungen am 21. November [2007] ein abruptes Ende und erklärte sie für gescheitert.

Entführung – ein Drama ohne Ende
Kolumbien ist das Land mit der weltweit höchsten Zahl an Entführungsopfern. Zwischen 1996 und 2007 sind nach Angaben der Stiftung País Libre[*)] 23'602 Personen entführt worden. Dabei wird die FARC-Guerilla für 6758 (29%) aller Entführungen, die ELN-Guerilla für 5375 (23%) Entführungen und „Unbekannte Täter“ für 5145 (22%) Entführungen verantwortlich gemacht. Paramilitärische Gruppen sind für 1165 (5%) Entführungen verantwortlich.1)

Die Entführung wird von der Guerilla als Teil ihrer Kriegsstrategie eingesetzt. Sie spricht denn auch beschönigend von „Zurückbehaltung“. Dabei ist die Entführung eine schwere Verletzung des Humanitären Völkerrechts, da im Krieg geschützte Zivilpersonen davon betroffen sind. Die Entführung ist ein schwerwiegendes Delikt, das gegen die Grundrechte der Freiheit, der Bewegungsfreiheit und der Selbstbestimmung verstösst. Nebst der räumlichen und zeitlichen Freiheitsberaubung bedeutet die Entführung die Versachlichung der Person in Verkennung ihrer Würde. Die Entführten werden zu einer wirtschaftlichen und/oder politischen Handelsware. Sie sind nicht nur Todesdrohungen, Ungewissheit, körperlichen und psychischen Strapazen, unmenschlicher Behandlung und Folter ausgesetzt, sondern ihre menschliche Würde und ihre Identität werden verleugnet. Sie werden nicht als Subjekte behandelt, sondern „versachlicht“ oder „verdinglicht“ und als Objekte und menschliche Ware gehandelt.

Mit der Entführung beginnt für die Opfer und deren Familienangehörigen ein Drama ohne Ende, bei dem sie zum Spielball der Interessen der Entführer werden. Völlig ausgeliefert der Willkür der Bewaffneten, hin und her gerissen zwischen Hoffnung und Verzweiflung, zu Tatenlosigkeit verdammt wird ihr Dasein zu einem „lebenden Tod“ – muerta en vida, wie Ingrid Betancourt in ihrem jüngsten erschütternden Brief an ihre Mutter schreibt.2)

Die Vermittlungsbemühungen von Piedad Cordoba und Hugo Chávez
Seit Jahren wird insistent von zivilgesellschaftlichen Organisationen ein humanitäres Abkommen zwischen Regierung und der FARC-Guerilla zur Freilassung der Entführten und Kriegsgefangenen3) gefordert. Zahlreiche Vermittlungs- und Annäherungsbemühungen, bei denen u.a. auch die Schweiz ihre guten Dienste angeboten hatte und in der Vermittlung aktiv war, sind bisher gescheitert. Dabei ging es hauptsächlich um den Austausch von 45 politischen Entführten gegen rund 500 inhaftierte FARC-Guerilleros. Die FARC machte die Aushandlung eines humanitären Austausches von der Entmilitarisierung eines Gebietes, von der bedingungslosen Freilassung der inhaftierten Guerilleros und der Freilassung von zwei an die USA ausgelieferten Guerilleros abhängig. Die Regierung Uribe lehnte kategorisch die Entmilitarisierung eines Gebietes ab und machte die Freilassung inhaftierter Guerilleros davon abhängig, dass diese nicht mehr in den bewaffneten Kampf zurück kehren.

Als Ende Juni 2007 bekannt wird, dass elf von der FARC entführte Abgeordnete des Departements Valle del Cauca unter unklaren Umständen bereits am 18. Juni 07 getötet worden waren, ging ein Aufschrei durch Kolumbien und die internationale Gemeinschaft.4) Der Druck auf Uribe, endlich Schritte zu einem humanitären Abkommen zu machen, wurde grösser.
Der Marsch des Lehrers Moncayo über 1'000 km quer durch Kolumbien vor den Präsidentenpalast löste eine Solidaritätswelle mit den Entführten und ihren Familienangehörigen aus. Moncayos Sohn Pablo Emilio fiel als Soldat in die Hände der FARC und ist seit dem 21. Dezember 1997 in ihrer Gefangenschaft. Präsident Uribe stellte sich schliesslich öffentlich einem Gespräch mit Moncayo, welches aber in einem Eklat für den Präsidenten endete: Moncayo hörte sich die Hetztirade Uribes gar nicht fertig an, sondern verschwand von diesem unbemerkt. Die Zuhörenden reagierten mit Pfiffen auf den tobenden Uribe.
Jetzt handelte Uribe. Er setzte am 15. August [2007] die oppositionelle Politikerin und scharfe Gegnerin Uribes, Senatorin Piedad Córdoba, als Vermittlerin ein mit dem Ziel, ein humanitäres Abkommen zu erreichen. Der venezolanische Präsident Chávez, der bereits anfangs August 07 seine Vermittlung angeboten hatte, wurde von Piedad Cordoba kontaktiert und willigte schliesslich in eine aktive Vermittlungstätigkeit ein.

Hoffnung auf das politische Schwergewicht Chávez
Mit der Vermittlungstätigkeit von Piedad Cordoba und Chávez änderte sich das Szenario. Hoffnung kam auf. Für die FARC war Chávez keine Grösse, die sie verkennen konnten. Sein Projekt einer bolivarianischen Revolution hat bei der FARC Sympathien und begrüsst wird auch seine kritische Haltung gegenüber den USA. Für die FARC war jetzt eine einmalige Chance da, durch die Vermittlungstätigkeit von Chávez wieder auf die politische Bühne zurück zu kehren und an politischem Profil zu gewinnen. Dies setzte die FARC aber auch unter Druck: Sie mussten gegenüber von Chávez zu Konzessionen bereit sein und Verhandlungsbereitschaft zeigen. Sollte auch Chávez nichts erreichen und zum Schluss kommen, dass sich die FARC völlig unnachgiebig verhält, dann wären die FARC wohl endgültig auf dem politischen Parkett gescheitert. International wäre dann wohl noch weniger Opposition gegen eine „militärische Lösung“ da, wie sie von Uribe angestrengt und von der US-Regierung unterstützt wird. Die FARC musste Ernsthaftigkeit beweisen. Ein Aussteigen ihrerseits aus den Verhandlungen wäre mit enormen politischen Kosten verbunden gewesen. Chávez seinerseits durfte nicht scheitern, weil sonst sein aussenpolitisches Image Schaden leiden würde. Chávez als erfolgreicher Vermittler im chronischen Konflikt Kolumbiens – das wäre eine gute Visitenkarte auf internationaler Ebene.
Dann aber schien auch Uribe mit der Ernennung von Chávez zum Vermittler seine partikulären Interessen zu verfolgen. Als Präsident des Andenbündnisses CAN wollte Uribe die Rückkehr des wirtschaftlich wichtigen Venezuela in das Bündnis erreichen. Zudem standen mehrere wirtschaftliche Zusammenarbeitsverträge zwischen den beiden Nachbarländern zur Diskussion. Tatsächlich kam es zu Treffen zwischen den beiden Präsidenten und die gegenseitigen Beziehungen erlebten einen Höhenflug. Zudem lenkte diese politische Initiative Uribes vom Schlamassel der Parapolitik ab, in das er zutiefst verstrickt ist.

Die Vermittlung durch Chávez schien Garantie zu sein, dass sich beide Seiten – Regierung wie FARC – bewegen mussten.

Bewegung in den festgefahrenen Fronten
Piedad Córdoba entfaltete eine pausenlose Vermittlungstätigkeit gegenüber der FARC, Chávez, den USA – wo sie sich mit den beiden inhaftierten FARC-Mitgliedern, Regierungs-, Justiz- und Kongressabgeordneten traf - , Vertretern der Europäischen Union und lateinamerikanischen Regierungsvertretern. Sie traf sich aber auch wiederholt mit Familienangehörigen von Entführten und Gefangenen. Sie scheute auch nicht die beschwerliche Reise in den Dschungel, wo sie sich mit dem FARC-Führer Raul Reyes traf.5)

Chávez empfing im Regierungspalast den FARC-Führer Iván Márquez. Dies war auf der symbolischen Ebene ein Grosserfolg für die FARC. Sie waren auf die politische Bühne zurückgekehrt. Genau dies gab Anlass zu berechtigten Hoffnungen: Es würde für die FARC mit enormen politischen Kosten und vielleicht mit der endgültigen Ächtung durch die internationale Gemeinschaft verbunden sein, würde sie aus den Verhandlungen ausscheren.

Zahlreiche Staatschefs äusserten ihre Unterstützung gegenüber der Vermittlungstätigkeit von Chávez. Selbst in Bezug auf die mögliche Freilassung der beiden in den USA inhaftierten Guerilleros schien sich eine Lösung abzuzeichnen. Die FARC schienen von ihrer Forderung nach einem entmilitarisierten Gebiet abzurücken und ihre Verhandlungspositionen zu flexibilisieren.

Das abrupte Ende einer grossen Hoffnung
Je konkreter die Ergebnisse wurden, desto grösser auch die Feindschaft verschiedener Kreise. Als Hauptfeind einer von Chávez vermittelten Lösung ist sicher US-Präsident Bush zu nennen, wie auch der US-Botschafter in Kolumbien. Auch innerhalb der kolumbianischen Regierung und der Armee war der Widerstand gegen ein mögliches Abkommen gross. Kriegsinteressen scheinen hier eine grosse Rolle gespielt zu haben. Ein Verhandlungserfolg von Chávez muss für Bush ein Albtraum gewesen sein.
Am 19. November [2007] trafen sich Chávez und der französische Präsident Sarkozy in Paris. Chávez konnte nicht wie erwartet Überlebenszeichen der Entführten an diesem Treffen vorlegen. Gleichen Tags wird von der kolumbianischen Regierung eine Frist bis 31. Dezember 07 für einen erfolgreiche Vermittlungstätigkeit gesetzt.6) Zwei Tage später, am 21. November erklärt Präsident Uribe die Verhandlungen für gescheitert und entzieht mit sofortiger Wirkung aus fadenscheinigem Grund Senatorin Piedad Cordoba und dem venezolanischen Präsidenten Chávez das Vermittlungsmandat. Eine Hoffnung mehr ist zu einem Scherbenhaufen geworden.

Eine kritische Einschätzung

1. Uribe will und braucht den Krieg
Uribe hat kein Interesse an einer Verhandlungslösung des internen bewaffneten Konfliktes. Seine ganze Politik baut auf dem Krieg auf. Auch seine „Strategie der internationalen Zusammenarbeit zur Stärkung der Demokratie und der sozialen Entwicklung“, welche er an der 3. Internationalen Konferenz in Bogotá präsentiert hat, fokussiert auf einer Zusammenarbeit für den Krieg, zivil-militärischer Zusammenarbeit und der Unterordnung ziviler Strukturen in das militärische Aufstandsbekämpfungskonzept.7) Uribe braucht die FARC als Feindbild, denn seine ganze Politik baut auf der vermeintlichen terroristischen Bedrohung und der Polarisierung zwischen Freund und Feind auf.
Es ist möglich, dass Uribe seine prominente Kritikerin Piedad Cordoba und seinen wichtigsten politischen Gegner auf lateinamerikanischer Ebene, Hugo Chávez, ins Abseits stellen wollte und nie an einen möglichen Erfolg ihrer Verhandlungsbemühungen glaubte.

2. Die US-Regierung braucht den Krieg
Die Interessen der US-Regierung in Kolumbien – Erdöl, Bodenschätze, Wasser, Energiegewinnung, Biodiversität, etc. – sind enorm. Uribe treuer und bedingungsloser Alliierter von Bush in seinem Kampf gegen den Terrorismus. Die Zusammenarbeit und die militärische Unterstützung Kolumbiens durch die USA bauen auf dem Feindbild der Terror- und Drogenbekämpfung auf. Verhandlungen mit der FARC müssten zu einer Revision dieser Politik führen. Damit würden – nach Meinung der Bush-Administration – US-Interessen in Kolumbien gefährdet. Zudem konnte ein Verhandlungserfolg von Chávez – und dies möglicherweise noch vor der Abstimmung über die neue Verfassung Venezuelas – unmöglich akzeptiert werden.

3. Die FARC muss die Verantwortung für die Entführungen und diesen schweren Verstoss gegen das humanitäre Völkerrecht übernehmen und dafür auch zur Verantwortung gezogen werden
Kein vermeintlich noch so nobles und ehrenwertes Ziel kann die unmenschliche, grausame und völkerrechtswidrige Entführung von Zivilpersonen rechtfertigen. Die FARC sind für diese Verbrechen verantwortlich und werden dafür auch zur Rechenschaft gezogen werden müssen. Wer mit derartig grausamen Mitteln und mit der Verdinglichung von Menschen – indem er diese als Ware, Tauschpfand und Spielball zur Machtgewinnung einsetzt- den Aufbau einer menschlicheren, gerechteren und demokratischeren Gesellschaft erreichen will, macht sich gänzlich unglaubwürdig. Es ist an der Zeit, dass die FARC nicht nur der Praxis der Entführungen ein Ende setzt, sondern sofort und bedingungslos sämtliche Entführte freilässt.

Fazit: Die kolumbianische Regierung, die Bush-Administration und die FARC treiben mit dem Leben entführter Zivilpersonen ein grausames, verwerfliches, niederträchtiges Spiel. Sie setzen menschliches Leben willkürlich als Spielball ihrer Machtinteressen ein und spielen mit dem Leben und den Gefühlen von Entführten und Familienangehörigen.

****
Fussnoten:
[*) Fundación País Libre: http://www.paislibre.org/]
1) Siehe Kolumbien-aktuell, No. 456, 30. Juli 2007, http://www.askonline.ch/kolumbien-aktuell.html
2) Der Brief beginnt: „Regnerischer Morgen – wie in meiner Seele - im Urwald Kolumbiens, Mittwoch, 24. Oktober 07, 8.34 Uhr.“ Im Brief an ihre Mutter schreibt sie u.a.: „Mama, ich bin müde, müde des Leidens. Ich habe versucht, stark zu sein. Doch diese fast sechs Jahre in Gefangenschaft haben mir gezeigt, dass ich nicht so widerständig, nicht so mutig, intelligent und stark bin, wie ich glaubte. (...) Mama, dies ist ein sehr harter Moment für mich. Sie verlangen von mir rasch ein Überlebenszeichen und ich bin hier und schreibe dir meine Seele auf dieses Papier. Mir geht es körperlich schlecht. Ich esse nicht mehr. Ich habe keinen Appetit. Die Haare fallen mir büschelweise aus. Ich habe keinerlei Lust zu nichts. Ich glaube, dass dies das einzig Gute ist: Keine Lust auf nichts zu haben. Denn hier im Urwald ist die einzige Antwort auf alles NEIN. Es ist daher besser, nichts zu wollen und wenigstens frei von Wünschen zu bleiben.“ http://www.semana.com/wf_InfoArticulo.aspx?idArt=108098
3) Die Guerilla – insbesondere die FARC – hält zahlreiche Soldaten und Polizisten und auch drei US-Amerikaner fest, welche in den Konflikt involviert waren und als Kriegsgefangene gelten. Die FARC verweigert aber auch diesen Gefangenen die [ihnen zustehenden] Rechte [...], so z.B. das Besuchsrecht durch das IKRK und würdige Haftbedingungen. Die Regierung spricht auch in diesem Fall von Entführten, da sie den bewaffneten internen Konflikt leugnet und die FARC als terroristische Bedrohung bezeichnet, nicht aber als Konfliktpartei anerkennt.
4) Nach der Bekanntgabe des Todes der elf Abgeordneten wurde selbst die Herausgabe der Leichen zu einem Machtspiel zwischen FARC und Regierung. Schliesslich konnte eine Kommission der OAS die Leichen auf Hinweis der FARC bergen.
5) Sie klagte später öffentlich an, dass das Lager, wo sie sich mit Raul Reyes getroffen hatte, danach von der Armee bombardiert worden war.
6) Angesichts des über 40 Jahre andauernden, chronifizierten Konfliktes in Kolumbien waren die in nur drei Monaten von Córdoba und Chávez erreichten Ergebnisse enorm. Ihnen eine derart kurze Zeitlimite zu setzen, zeigte klar auf, dass Uribe letztlich nicht an einer erfolgreichen Vermittlungstätigkeit interessiert war.
7) Cooperación para el control social y poblacional - El concepto de la cooperación civil-militar en el caso colombiano; Versión preliminar; Por: Bettina Reis, November 2007 [s. auch meinen Eintrag vom 27.11.07 unter http://ddhhencolomiba.blogspot.com, wo der ganze Text auf Spanisch zu finden ist.]


*****

Tuesday, 4 December 2007

Brot statt Treibstoff -- Buchhinweis

Meine Lieben

Es kann nicht oft genug gesagt werden: wir müssen die kommende Energieknappheit mit vielen verschiedenen Mitteln lösen. Am allerwichtigsten ist das Einsparen von unnütz verschwendeter Energie: zuviele Kähne, Laster, Flugzeuge und Autos fahren praktisch leer umher. Zuviele Häuser heizen die Aussenluft. Zuviel Nahrung wird wohl zubereitet, aber nicht gegessen. Zuviele Menschen essen viel zu viel, während andere hungern.
Einer der grössten Skandale unserer Zeit ist aber, dass Agrarprodukte für Autotanks statt Teller produziert werden:
Vom Getreide, das benötigt wird, um den 100 Liter-Tank eines Geländewagens zu füllen, kann sich ein Mensch ein Jahr lang ernähren!

Heute habe ich von www.regenwald.org folgende Nachricht erhalten:

*****
29. November 2007 -- http://www.net-tribune.de/article/291107-196.php

Evangelisches Hilfswerk gegen Bio-Treibstoffe [ich hätte lieber "Agro-Treibstoffe" gelesen]

Kassel - Das evangelische Hilfswerk «Brot für die Welt» hat vor wachsendem Hunger durch den zunehmenden Anbau von Energiepflanzen gewarnt. «Nahrungsmittel werden immer häufiger zur Sättigung des weltweiten Rohstoffhungers missbraucht», sagte die Direktorin des Hilfswerks, Cornelia Füllkrug-Weitzel, am Mittwoch bei der Vorstellung der diesjährigen Adventsaktion von «Brot für die Welt» in Kassel. Dies gefährde die Ernährung von Millionen Menschen.

Füllkrug-Weitzel sagte, nach Schätzungen von Experten werde die Zahl der Hungernden bis 2025 von derzeit 854 Millionen auf 1,2 Milliarden Menschen steigen, wenn weiterhin Nahrungsmittel als Treibstoffe eingesetzt werden: «In Indonesien, Kolumbien und Brasilien werden Regenwälder abgeholzt, um Platz für Palmöl- und Zuckerrohrplantagen zu schaffen.» Dies zeige deutlich, dass der Klimaschutz nur als Feigenblatt für das globale Wettrennen um Energie diene.

Dass Nachsehen hätten in dieser Situation oft die Kleinbauern, kritisierte die Direktorin. Sie müssten immer häufiger mit multinationalen Agro-Unternehmen um Land, Wasser und Märkte konkurrieren. Schutz und Förderung der bäuerlichen Landwirtschaft aber seien für die Ernährung der Menschheit unverzichtbar. «Brot für die Welt» unterstütze daher Kleinbauern in den Entwicklungsländern, damit diese durch nachhaltige und ökologische Landwirtschaft ihre Erträge steigern und neue Märkte erschließen könnten.

Die diesjährige Adventsaktion von «Brot für die Welt» steht unter dem Motto «Gottes Spielregeln für eine gerechte Welt». Die Aktion wird am kommenden Sonntag mit einem Gottesdienst in Marburg eröffnet.

HINWEIS AUF DAS BUCH

Volle Tanks - leere Teller. Der Preis für Agrotreibstoffe: Hunger, Vertreibung, Umweltzerstörung

Mit dem Getreide, das benötigt wird, um den 100 Liter-Tank eines Geländewagens zu füllen, kann ein Mensch ein Jahr ernährt werden.

Ob es ethisch zu rechtfertigen ist, Nahrungsmittel in Treibstoff umzuwandeln, ist eine der Fragen, die das Buch "Volle Tanks - leere Teller" aus der Reihe caritas international - brennpunkte aufwirft. Die von der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten forcierten "Agrotreibstoffe" haben in der Agrar-Branche Goldgräberstimmung aufkommen lassen.
Das gilt auch für die Dritte Welt, wo derzeit Plantagen gigantischen Ausmaßes entstehen. Die Konsequenzen sind verheerend: Verlust der Biodiversität, Anheizen des Weltklimas und Hunger. Die Buchautoren ergründen Ursachen und Wirkungen dieses Geschehens mit Analysen und Reportagen von den Brennpunkten.

Volle Tanks - leere Teller. Der Preis für Agrokraftstoffe: Hunger, Vertreibung, Umweltzerstörung
Wolfgang Hees, Oliver Müller, Matthias Schüth (Hrsg.)
caritas international - brennpunkte 2007, ca. 200 Seiten, mit vierfarbigen Abbildungen
EUR 25,00/SFr 43,90 ISBN 978-3-7841-1791-1
bei [...] http://www.lambertus.de
****

Die Hervorhebungen im obigen Text sind von mir.